Ich hatte einen besonders pathetischen Text formuliert, und an alle meine Freunde geschickt von denen ich wusste, dass sie wander-begeistert, abenteuerlustig und/oder früher mal Pfadfinder gewesen waren. Die Resonanz war überwältigend: wir sollten tatsächlich zu zehnt auf Fahrt gehen. Von einem befreundeten DPSG Stamm hatten wir uns eine Kohte geliehen, und Topf sowie Beil trieben wir auch noch auf.
Es war der Tag nach "Halloween", welches wir noch bis in die frühen Morgenstunden zelebriert hatten. Doch obwohl wir in den Seilen hingen war die Motivation groß: endlich wieder aktive Pfadfinderei!
Also trafen wir uns um 17 Uhr in Düren. Es war schön die ganzen Leute mal wieder auf einem Haufen zu haben, manche von ihnen hatte ich schon mehrere Jahre nicht mehr gesehen. Wir nahmen die Ruhrtalbahn, die man objektiv wahrscheinlich als Bimmelbahn bezeichnen würde, und stiegen in Untermaubach aus. Es war bereits stockfinster, und im Schein der Fackel suchten wir einen geeigneten Weg.
Ich hatte es so gehalten, wie ich Fahrten am liebsten mag: Wanderkarte, Zugticket, und Gedanken machen, wenn wir da sind. Deshalb hatte ich mir auch vorher keinen Lagerplatz ausgeguckt. Wir
wanderten also los und hielten uns an Indizien auf der Karte für Hütten mit Feuerstelle, Hütten ohne Feuerstelle, oder Unterstände. Eine Hütte in der Nähe eines Campingplatzes war uns nicht
stilecht genug, also versuchten wir unser Glück weiter. Nach einigen Stunden Wandern kamen wir nach Brück. Brück ist eine kleine Stadt die natürlich keine adäquate Möglichkeit anbietet die Kohte
aufzustellen. Daher überquerten wir über die Brücke, die dem Ort seinen Namen verleiht, die Ruhr und kletterten unmittelbar hinter dem Ufer einen kleinen Pfad, der Steil den Berg Richtung Burg
Nideggen hochführt, hoch.
Der Wald war hier sehr dicht, es war stockfinster. Biba gab eine seiner absolut überzeugenden Gruselgeschichten zum besten, die Protagonistenrollen besetzte er mit den Teilnehmern unserer Gruppe. Nach einiger Zeit kamen wir an eine kleine Schutzhütte, die abgeschieden von jeglichem befestigten Weg oder Pfad mitten im Wald stand. Wir zündeten einige Kerzen an und setzten uns hinein. Es war deutlich zu klein, als dass hier alle von uns liegen könnten und der bestenfalls Trampelpfad war nicht breit genug um hier eine Kohte aufzubauen. Daher gingen einige von uns los, um nach einer anderen Übernachtungsmöglichkeit zu suchen. Nach einiger Zeit kehrte Maxi zurück und erklärte uns er hätte eine Höhle gefunden. Ob man darin schlafen könne?
Wir kletterten den Berg weiter hinauf, der Pfad war eng, man konnte höchstens 5 Meter weit sehen. In der Steilwand rechts von uns tat sich auf einmal eine Einbuchtung auf: die Höhle. Wir machten uns sofort daran diese einzurichten und mittels der Kohtenplanen abzuhängen. Drinnen stellten wir auf den verschiedenen Felsen Teelichter auf und als alles hergerichtet war gab es Abendbrot. Ein paar alte Lieder wurden gesungen, der Schall durch die wetterabhaltende Kohtenwand gedämpft.
Da waren wir nun. Wieder auf Fahrt. Als ich am Morgen aufwachte durchströmte mich eine Energie, die ich lange nicht gefühlt hatte, ich hätte jubeln können. Gleich wieder in einer Höhle geschlafen, das fühlte sich gut an! Nacheinander wachten die Schlafmützen auf, wir packten alles zusammen und räumten auf. Doch wo war eigentlich Maxi? Der hatte die Nacht in der Hütte verbracht, da er befürchtete, die Höhle könne einstürzen. Er kam allerdings rechtzeitig wieder, als wir den Beschluss gefasst hatten noch zur Burg hochzuklettern und unser Frühstück mit bestem Ausblick zu genießen.
So ganz ohne Frühstück ist es dann doch etwas beschwerlicher als man sich das vorstellt. Es war müssig direkt von 0 auf 100 den Berg zu besteigen. Doch für die Aussicht hatte es sich in der Tat gelohnt. Wir legten auf dem Burghof ab und bestaunten erstmal das alte Gemäuer.
Ein herrlicher Ort hier oben. Mich sprach ein älterer Herr an, der interessiert fragte was wir denn für eine Gruppierung wären. Nach einer kurzen Erklärung ala "Pfadfinder, die auf der Suche nach einem Frühstücksplatz sind", bat er uns doch bei sich im Gruppenraum zu speisen. Er stellte sich uns als ein Mitglied des Eifelwandervereins vor und öffnete uns die Türe zu einer Küche mit langer einladender Tafel. Als er mir sagte, dass er uns sogar Kaffee kochen würde, hatte er mich: wir nahmen das Angebot dankend an.
Gut gestärkt traten wir den lockeren Gang den Berg herunter an, in Richtung Dorf Nideggen. Ein wirklich schönes Städtchen, mit urigem Flair. Doch bald hatte sie uns wieder, die uns unberührt vorkommende Natur der Eifel. Mitten am Tag, wir waren gerade einen Hügel heruntergewandert fiel Kilian auf, dass er seine Uhr verloren hatte. Das musste schon um die 20 Minuten her sein. Er legte den Rucksack ab und wir warteten auf seine Rückkehr. Tatsächlich kam er freudenstrahlend zurück und hatte sie in einem Gebüsch wiedergefunden.
Wie das im Ruhrtal so ist muss man ab und zu die Ruhr überqueren um weiter zu kommen. An einer Stelle unseres Weges folgten wir dem Flussverlauf bis zu einer Brücke, durch saftiges grün, über Trampelpfade. Doch an der Brücke angekommen waren wir ernüchtert, denn die Brücke war lediglich dazu gebaut worden um auf ein privates Anwesen auf der anderen Seite zu kommen. Wir mussten einen beträchtlichen Umweg in Kauf nehmen.
Unser Tagesziel war die alte Mühle in Nettersheim, ca. 30 km von Nideggen entfernt und im Notfall konnte man auch ein Stück weit mit der Bahn fahren. Am Nachmittag kamen wir an den Punkt, den man beim Wandern in ländlicheren Gegenden kennt: der Punkt an dem die Läden schließen. Wir kauften alles ein für den Abend und entschieden uns dazu die restlichen Stationen per Bahn zurückzulegen, um auch in Nettersheim noch etwas Zeit zum Kochen zu haben.
Leider stellte sich bald heraus, dass die letzte Bahn, schon gefahren war. Nun, was macht man in so einem Fall? Wir waren umgeben von einem Naturschutzgebiet, für das Essen brauchten wir aber ein prasselndes Feuer.
Wir schafften es dank der netten Dame vom Bahnhof einen Bus zu finden, der uns bis kurz vor Nettersheim bringen würde, wo wir in einen weiteren Bus umsteigen konnten. Das frischte die Gemüter der Gruppe, die bereits mit einem kalten Abendessen abgeschlossen hatten, wieder auf. Der Busfahrer war auch ein echt netter Eifler, der uns in zahlreiche Klatsch- und Tratsch-geschichten der Eifler Prominentenwelt einweihte. Zudem kriegten wir von ihm die Busfahrkarten deutlich günstiger, da er an der Pfadfinderidee einen Narren gefressen hatte.
Nachdem wir umgestiegen waren erreichten wir Nettersheim. Immer wenn ich dort bin stehe ich vor dem gleichen Problem: ist die alte Mühle in die nördliche, oder in die südliche Richtung aus der Stadt raus. Ich entschied mich für die südliche Richtung und hoffe, dass ich mir jetzt ein für alle mal merke: es ist die nördliche Richtung!
Es war mittlerweile wieder stockfinster geworden und wir waren südlich aus Nettersheim raus, an einem Weiher. Ich schaute mich um und musste feststellen, dass es die falsche Richtung war. Die Gruppe war mittlerweile müde und hungrig, ich durfte mir also keinen weiteren Fehler erlauben.
Der Weg war lang und weit. Viel weiter als ich in Erinnerung hatte. Zwischendurch sah ich eine Brücke, eine Weggabelung und erinnerte mich - ja hier mussten wir richtig sein. Gleich hinter der nächsten Kurve. Na gut, vielleicht hinter der übernächsten Kurve. Der Platz an der Römerquelle tauchte einfach nicht auf. Die Stammesbrüder und -Schwestern brauchten eine Pause. Dies nutzte ich um mit Carsten ein gutes Stück voran zu gehen. Nach einer Viertelstunde weiteren Weges entdeckten wir endlich, rechts am Wegesrand auftauchend, die Mühle - ein altes Fachwerkhaus was leer steht. Wir freuten uns tierisch, bis wir daran dachten, dass wir den gleichen Weg jetzt noch zweimal gehen würden. Aber immerhin hatten wir unseren Schlafplatz gefunden.
Wir gingen zurück und auf halber Strecke kamen uns unsere restlichen Freunde entgegen, unsere Rucksäcke hatten sie auch dabei. Die Stimmung stieg sprunghaft, als sie von unserer Entdeckung erfuhren.
Das Essen war schnell gekocht (Nudeln mit Käsesoße), die Hütte zu gehangen und ein gemütliches Ambiente mittels Kerzen geschaffen. Das was vom Essen übrig blieb aß Kilian ganz alleine. Ich freute mich besonders darüber nochmal das Wasser aus der Quelle zu probieren. Später gab es Tschai und eine sehr gelungene Singerunde, die die ganze Nacht dauerte. Als Lars fragte wie spät es sei waren es bereits fünf Uhr in der Frühe. Wir legten uns schlafen.
Nach ein paar Stunden des Schlafes wurden wir der Reihe nach vom Kaffeeduft geweckt, den Maxi und DC vom Feuer aus verströmen ließen. Wir frühstückten ausgiebig, räumten alles auf und kehrten über Nettersheim, ohne Probleme mit der Verbindung, nach Hause zurück.
Was für ein Wochenende! Wir haben in einer Höhle geschlafen, in einer Burg gefrühstückt, sind weit gewandert, haben die alte Mühle gefunden und einen wundervollen letzten Abend erlebt. So stelle ich mir eine Rückkehr in die aktive Pfadfinderei vor! Es war mir eine Freude alle meine Freunde wieder versammelt zu sehen, und zwischenmenschlich hatte sich rein gar nichts verändert. Wir brauchten nicht mal eine Aufwärmphase, um die alten Scherze von früher zu treiben. Meine sowieso schon hohen Erwartungen wurden übertroffen, das war ein Wochenende nach Maß.
Vielen Dank an euch alle, das hat mir persönlich einiges bedeutet!
P.S. Mir fällt gerade eine witzige Sache ein, die ich fast vergessen hätte. Crissy rief mich am Tag der Wanderung an und fragte, ob ich noch einen Rucksack hätte. Ich sagte nein, aber dass wir da was besorgen könnten. Am Bahnhof angekommen "überraschte" ich sie mit einem Seesack, in den sie ihre Klamotten füllen sollte. "Ja und wie trage ich den jetzt?" fragte sie. Ich antwortete mit der Gewissheit eines Ganoven vor einem ganz großen Coup: "Wir bauen dir mit einem Tampen ein Geschirr, damit du den tragen kannst."
Das hat selbstverständlich nicht funktioniert. Das Ende vom Lied war, dass wir ihre Sachen auf alle Rucksäcke aufgeteilt haben und sie den Schlafsack im Seesack in einer Art "Weihnachtsmann-manier" über den Rücken getragen hat.
Bericht von: basti
Kommentar schreiben